Kuba - real Life
- doeringphoto
- vor 5 Tagen
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Aktualisiert: vor 1 Tag
Inseltraum im Sozialismus
Fotoreportage vom echten Leben auf Kuba abseits touristischer Hotspots.

Alle Fotos mit Leica M4-II (Bj.1980), Summicron 35mm/f2.0 (1988) auf Kodak Portra Film.

Auf Kuba habe ich viele wunderschön restaurierte Altstädte aus der Kolonialzeit gesehen, die für sich allein einen Besuch wert sind. So etwa in Havanna, Trinidad oder Camquey. Aber auch viel Armut. Es reicht schon, ein wenig durch die Gegend zu laufen.


Ich sehe marode Fassaden ganzer Straßenzüge, Müllberge auf den Bürgersteigen, lange Warteschlangen vor Bäckereien und Banken. Der Strom fällt oft aus, in manchen Regionen mehrere Stunden am Tag. Das Warenangebot ist übersichtlich, es gibt kaum Supermärkte oder größere Einkaufsläden.

Tourismus und Wohlstand
Wer mit Touristen zu tun hat, profitiert finanziell. Ob Casa-Vemieter (Privatunterkunft), Stadtführer, Restaurantbetreiber oder Bici-Taxifahrer; sie alle verdienen in der Regel mehr als staatliche Angestellte wie Lehrer, Arzt oder Museumsangestellter. Deren Löhne bewegen sich im zweitelligen Euro-Bereich - pro Monat.

So lerne ich in Camaquey ein Ehepaar kennen, das ihre Berufe als Mathematik-Professor und Musik-Lehrerin aufgegeben hat und nun eine Privatunterkunft betreibt. Sie leben in einem schönen Kolonialhaus mit drei Zimmern für Touristen während ihr Nachbar, ein Herzchirurg (mit tollem Englisch) in einer kleinen Wohnung nebenan haust.


Da kommen die harten Dollars oder Euros der Touristen in Spiel. Denn in den "Devisen-Läden" der Städte ist das Warenangebot für westliche Währung ungleich größer als in den regulären Geschäften gegen kubanische Pesos, von denen es eh nur wenige gibt. So haben sich auf der Karibikinsel eigene touristische "Wohlstandsinseln" entwickelt.


Gerade die Löhne der staatlichen Angestellten (Lehrer, Ärzte, Ingenieure) sind sehr niedrig und es fehlt an essenziellen Dingen. Es gibt aber keine existenzielle Armut wie etwa Obdachlosigkeit.


Die Gesundheitsversorgung ist beispielsweise die beste in Lateinamerika. Und so machen die stark subventionierten Leistungen des Staates mehr als die Hälfte des Staatshaushaltes aus.


Jeder Tag eine Herausforderung
Viele junge Leute sind nach ihrem Studium desilussioniert. "Unsere Möglichkeiten sind beschränkt", erzählt mir Maria (Name geändert), eine ehemalige Kunstlehrerin, die jetzt für einen österreichischen Casa-Besitzer in Havanna arbeitet.

Während ein Hurrikan in der Nacht tobt, sprechen wir lange über ihre Heimat. An Schlafen ist eh nicht zu denken, zu laut tobt das Unwetter und die schwüle Hitze ist extrem. Der Strom ist gleich zu Beginn des Sturms ausgefallen, die Klimaanlagen funktionieren nicht mehr.

Außerdem rinnt ständig Wasser vom Balkon in den Aufenthaltsraum der Casa und muss mit dicken Handtüchern aufgewischt werden. Zum Schluß sagt Maria auf Englisch: "In Europe, you have all the possibilities, here the goverment cut our wings".

Die meisten Kubaner, die ich getroffen habe, sind aber stolz auf ihr Land und die Revolution. Keine Frage, die brachte auch viele Vorteile mit sich: kostenfreier Zugang zu Bildung vom Kindergarten bis zu Uni, geringe Mietkosten (bis max. 10% Einkommen), spottbillige Energiekosten (Gas, Strom, Wasser), symbolische Transport, Telefon- und Eintrittspreise, Lebensmittel auf Bezugskarte für wenige Pesos im Monat, Mittagstisch in Betrieben und Schulen, freie und gute Gesundheitsversorgung bis hin zu komplexen Operationen und kostenlose Plätze im Altenheim für Ruheständler.

